Barbara Schöneberger: „Wenn ich das deutsche Fernsehen einschalte, sehe ich nur noch Frauen“
Frau Schöneberger, wann immer man Sie sieht, sind Sie sehr gut gelaunt. Gibt es auch Momente, in denen Sie richtig, richtig, richtig schlecht drauf sind?
Nee. Nur im Taxi, wenn jemand unangemessen langsam fährt. Aber da bin ich auch nicht schlecht gelaunt, sondern werde nur etwas ungehalten. In eine solche Stimmung rutsche ich allerdings generell schnell, wenn sich Menschen für Dinge in Situationen sehr viel Zeit lassen, die meines Erachtens nicht unnötig verzögert werden müssen. Aber grundsätzlich wäre es wirklich unangemessen, wenn ich richtig schlecht gelaunt wäre. Mir geht es sehr gut, und in meinem Leben ist noch nicht viel ernsthaft Schlimmes passiert.
Empfinden Sie auch keine schlechte Laune, wenn Sie Mütter oder Väter erleben, die offenbar so viel Zeit haben, dass sie für Ihre Kinder Pausenbrote mit aus Gemüse und Käse zusammengeschnippelten Tiergesichtern schmieren und aus Radieschen noch tolle Figuren schnitzen können?
Da bin ich längst darüber hinweg. Diese Art von Mutter war ich nie und konnte ich auch gar nicht sein. Ich lebe die Liebe an meinen Kindern anderweitig aus. Aber natürlich habe ich da am Anfang auch ab und zu mal mitgemacht.
„Ich habe Spaß daran, leistungsstark zu sein“
Nächster Versuch: Stört es Sie auch nicht, wenn Menschen, die nur eine Aufgabe am Tag haben, dann sehr, sehr ausgiebig erzählen, dass sie sehr, sehr gestresst sind?
Doch. Aber ich werde auch dann nicht sauer, sondern finde es lustig, dass ich mit immer mehr Menschen zu tun habe, die mal den „Kopf leer bekommen“ wollen oder mal „die Seele baumeln lassen“ wollen. Ich denke dann oft, da befindet sich ja noch gar nicht so wahnsinnig viel im Kopf. Ich beobachte, dass immer mehr Menschen sehr schnell an den Punkt gelangen, an dem sie sich erholen wollen, obwohl ich das Gefühl habe, es gibt doch gar keinen Grund dazu.
Aber Sie sind ja auch ein Energiebündel und nicht unbedingt der Maßstab für andere Menschen.
Ich muss da tatsächlich ein Stück zurücktreten. Ich bekomme immer öfter Resonanz von Außenstehenden, die sagen, dass ich nicht immer so hohe Erwartungen haben soll. Und es stimmt ja: Jeder will etwas anderes in seinem Leben. Ich definiere mich tatsächlich darüber, viel zu schaffen. Ich habe Spaß daran, leistungsstark zu sein. Aber ich empfinde überhaupt keine Freude, mir oder anderen dabei zuzuhören, dass es gerade nicht so gut geht.
Das klingt aber hart.
Wenn es jemandem wirklich schlecht geht, habe ich natürlich ein offenes Ohr und versuche zu helfen. Aber über Nebenkriegsschauplätze wie „Heute zieht‘s mir in der Schulter“ oder „Heute Nacht habe ich falsch gelegen“ oder „Mein Bauch ist aufgebläht, weil ich zu viel Milch getrunken habe“ kann man mit mir nicht gut reden. Da werde ich auch leider immer gereizter und immer ungeduldiger.
Ein Boulevardmagazin hat kürzlich Ihr Haus in Schweden aufgespürt und dort Fotos gemacht. In einem Instagram-Video ist zu sehen, dass Sie da keinen Spaß verstanden haben.
Nein, da verstehe ich wirklich keinen Spaß und ich habe noch nie etwas auf meinem Instagram-Kanal gepostet, auf das ich so viel Resonanz bekommen habe. Sehr viele Reaktionen waren positiv, sehr viele Menschen äußerten Verständnis für meine Sicht. Ich habe die Aktion auch wirklich nicht verstanden.
Was meinen Sie konkret?
Na ja, ich biete ja wirklich viel Stoff für Berichterstattung und erzähle sehr viel von mir. Aber wenn eigentlich jeder weiß, dass ich enorm zurückhaltend bin, was mein Privatleben, meine Familie, meine Kinder, mein Haus angeht, dann begreife ich einfach nicht, dass das nicht respektiert wird. Die Leute von diesem Boulevardmagazin sind da wohl extra hingefahren und haben sich umgeschaut. Das empfinde ich wirklich als Eingriff in meine Privatsphäre. Ich werde jedenfalls mindestens die nächsten zehn Jahre nichts mehr mit denen machen.
Ich habe wahnsinnig Angst davor, irgendwann nicht mehr zu arbeiten, weil ich dann vermutlich innerlich zusammenklappen würde.
Haben Sie eine Erklärung, warum Sie so leistungsbezogen sind? Hatten Ihre Eltern oder die Lehrer hohe Erwartungen, die Sie immer noch erfüllen müssen? Oder was könnte der Grund sein?
So funktioniere ich einfach, das ist meine Veranlagung. Aber ich denke, dass jeder Mensch glücklich ist, wenn er ein Tagwerk erfüllt hat. Mir kann niemand erzählen, dass er sich dann nicht zufrieden fühlt. Wenn man hingegen bis 13 Uhr schläft und den ganzen Tag nichts schafft, kann ich mir nicht vorstellen, dass man sich dann erholt fühlt. Ich jedenfalls nicht. Zudem ist mir Struktur sehr wichtig. Ich habe wahnsinnig Angst davor, irgendwann nicht mehr zu arbeiten, weil ich dann vermutlich innerlich zusammenklappen würde.
Am kommenden Samstag moderieren Sie die nächste Folge von „Verstehen Sie Spaß?“ Das ist ja eine Uraltsendung im deutschen Fernsehen. Warum funktioniert dieses Konzept immer noch?
Ich glaube, die guten Konzepte funktionieren immer. Ich habe eher Angst vor neuen Sendeideen. Wenn ich in der Vergangenheit etwas Neues probiert habe, dann war es oft nicht sehr erfolgreich. Ich habe es immer schön gefunden, auf einen fahrenden Zug, der sich bewährt hat, aufzuspringen. Das habe ich mit der NDR Talk Show ja auch gemacht. Das Tolle ist, dass die Menschen „Verstehen Sie Spaß?“ gar nicht so sehr meinetwegen schauen, sondern wegen der lustigen Filme. Das nimmt mir auch etwas den Druck. Und ich finde es immer spannend, dass meine Tochter bei den Filmen über andere Dinge lacht als meine Mutter.
Familien von Fernsehstars interessieren sich oft nicht für deren Arbeit
Ihre Familie schaut Sie also schon im Fernsehen an?
Wir haben ja alle, die wir beim Fernsehen arbeiten, in der Regel das Thema, dass unsere Familie sich nicht so wahnsinnig für unseren Job interessiert. Aber „Verstehen Sie Spaß“ schauen wir dann doch zusammen.
Sie haben Ernie und Bert aus der „Sesamstraße“ in der Sendung. Verstehen die beiden denn Spaß?
Ernie und Bert! Waren! Toll! Die sind ganz wunderbar. Ich habe bei der Aufzeichnung der Sendung natürlich gesehen, dass dort die Puppenspieler mit ihren Puppen stehen. Aber auf dem Monitor war ich dann mit Ernie und Bert zu sehen. Das war wirklich ganz besonders und zauberhaft.
Sie schlüpfen in einem Film in die Rolle der Freifrau von Knigge-Landhorst.
Ja, ich war unterwegs im Kniggeuniversum und habe mich komplett danebenbenommen. Dabei habe ich mal wieder gemerkt, wie duldsam und langmütig die Deutschen sind. Man kann den Menschen hierzulande ziemlich viel zumuten, bevor eine Reaktion kommt.
Legen sie denn selbst Wert auf gutes Benehmen?
Ja! Intelligenz drückt sich in meinen Augen immer auch dadurch aus, dass man weiß, wann man sich wie zu verhalten hat. Das versuche ich auch, meinen Kindern beizubringen: Sprache und Benehmen müssen sich immer am jeweiligen Gegenüber orientieren – man muss halt in jeder Situation alles draufhaben. Wenn etwa jemand nicht firm ist, ordentlich mit Besteck zu essen, bin ich total entsetzt.
Mit Messer und Gabel zu essen ist ja eigentlich recht einfach.
Aber es gibt erschreckend viele Leute, die sich beim Essen zum Beispiel mit dem rechten Ellbogen auf den Tisch aufstützen und dann ihr Handgelenk so abknicken, dass sie mit der Gabel noch auf den Teller kommen. Das kann man schon eine anatomische Höchstleistung nennen. Ich bin in solchen Situationen vollkommen entgeistert. Deswegen finde ich es erstrebenswert, dass man Benehmen theoretisch und praktisch beherrscht.
„Ich habe große Freude daran, Geld zu verdienen.“
Gibt es noch irgendetwas anderes, was Sie beim Essen oder in anderen Situationen stört?
Ich bin in der glücklichen Lage, in einem Umfeld zu leben, das auf gutes Benehmen achtet. Wenn ich vom Tisch aufstehe, kommt es schon häufiger vor, dass der Mann neben mir den Stuhl nach hinten zieht und ihn mir, wenn ich wiederkomme, auch galant wieder unter den Hintern schiebt. Solche Dinge draufzuhaben, finde ich wirklich Spitze.
Wenn man glaubt, was man so liest, haben Sie genug Geld verdient, um nicht mehr arbeiten zu müssen. Warum machen Sie trotzdem weiter?
Naja, das Haus in Schweden war teuer. Nein, Spaß beiseite: Wann ist genug genug? Ich habe großen Spaß an der Arbeit, ich habe auch große Freude daran, Geld zu verdienen. Solange sich mir keiner in den Weg wirft und sagt, es ist vorbei, möchte ich schon gern noch eine Weile weitermachen. Ich habe im Moment auch eher das Gefühl, dass meine Projekte immer spannender werden und alles immer noch vielfältiger und besser wird. Ich verstehe mit den Jahren auch immer besser, was ich kann und was eher nicht. Aber klar, es entspannt schon wahnsinnig zu wissen, dass ich wahrscheinlich finanziell über die Runden kommen werde. Auf der anderen Seite werde ich wahrscheinlich 100 Jahre alt und brauche bis dahin noch ganz schön viel Geld. Da ist ja noch lange hin.
Machen Sie eigentlich zu Hause und in Ihrem Alltag noch alles selbst? Oder arbeiten mittlerweile wie in einem französischen Film fünf Hausangestellte für Sie?
Nein. Aber ich lebe ein großfamiliäres Leben, in dem viele Menschen mithelfen. Es war mir immer wichtig, dass etwa für meine Kinder neben meinem Mann und mir jemand aus dem familiären Umfeld als Ansprechpartner fungiert. Bei uns wohnen sehr viele Menschen im Haus, die mithelfen und die ein Auge auf alles haben.
Auch wenn es bei Ihnen noch etwas hin ist: Fürchten Sie, dass Sie im Alter nicht mehr so viel gebucht werden, so wie es ja offenbar immer noch bei vielen Schauspielerinnen und Moderatorinnen ...
... darf ich da mal kurz einhaken? Wenn ich das deutsche Fernsehen einschalte, sehe ich nur noch Frauen. Entdecken Sie noch irgendwo großartig Männer? Ich nicht. Ich sehe sehr viele Frauen – auch oft Frauen, die fünf bis zehn Jahre älter sind als ich. Denken Sie an die Talkladys, denken Sie an die Bereiche Information und Politik, denken Sie an die Boulevardmagazine! Denken Sie an Maybrit Illner, Sandra Maischberger, Frauke Ludowig, Susanne Daubner und viele andere! Die arbeiten doch alle rauf und runter. Es ist doch in allen Formaten von Sendungen zu beobachten, dass sich in den vergangenen fünf bis zehn Jahren wahnsinnig viel geändert hat. Sogar bei Fußballspielen sehen Sie doch immer mehr Frauen, die darüber hinaus oft viel erfolgreicher sind.
„Über die Präsenz von Frauen in den Medien will ich mich wirklich nicht beschweren“
Sie haben also dahingehend auch noch keine unverschämten oder ärgerlichen Erfahrungen gesammelt?
Nein. Mir hat noch nie jemand gesagt: Mach jetzt mal etwas an den Augenlidern und nimm ein bisschen ab! Aber es macht ja auch zu einem Teil meine Beliebtheit aus, dass ich die Botschaft aussende: Ich werde mit euch alt, ich werde mit euch dick, ich werde mit euch lahm. Es mag sein, dass Schauspielerinnen in Filmen ab einem Alter von 45 nicht mehr als erotische Wesen dargestellt werden. Daran darf sich gern noch etwas ändern. Aber über die Präsenz von Frauen in den Medien will ich mich wirklich nicht beschweren. Dort ist sehr viel geschehen. Deshalb können wir uns jetzt meiner Meinung nach auch mal wieder auf andere Probleme konzentrieren. Nur dass immer noch Unterschiede bei der Bezahlung zwischen Frauen und Männer existieren, ist nicht hinnehmbar.
Kommt demnächst wieder ein neues Album von Ihnen?
Nein, erst mal nicht. So ein Album erfordert unfassbar viel Zeit und ich habe sehr viel zu tun. Da ist mein Podcast, mein Radio, die verschiedenen Sendungen und vieles mehr. Doch ich gehe natürlich irgendwann gern wieder auf Tour. Aber jetzt erst mal nicht.
„Blondes Gift“, Mutter, Spaßmacherin
Barbara Schöneberger ist seit Jahren extrem präsent auf dem Bildschirm und moderiert auch Veranstaltungen jenseits des Fernsehens. Die ehemalige Soziologiestudentin singt, macht Radio und unterhält in einem eigenen Podcast. Immer wieder tritt sie auch in kleineren Filmrollen auf.
Ihr Durchbruch gelang Barbara Schöneberger 2001 mit ihrer Talkshow „Blondes Gift“. Viele weitere Sendungen folgten, darunter die „Schöneberger Show“, „Die 2 – Gottschalk gegen Jauch“ sowie – wie auch am vergangenen Wochenende – die Pre- und Aftershow zum Eurovision Song Contest. Seit 2008 tritt die heute 49-Jährige, die mit einem Computerunternehmer verheiratet ist und mit ihm zwei Kinder hat, gemeinsam mit Hubertus Meyer-Burckhardt als Gastgeberin der NDR Talk Show in Erscheinung.
Seit dem vergangenen Jahr ist sie das Gesicht von „Verstehen Sie Spaß?“. Die nächste Folge dieser klassischen Samstagabendshow, bei der seit 1980 prominenten und nicht prominenten Menschen mit harmlosen Sketchen Streiche gespielt werden, läuft am kommenden Samstag um 20.15 Uhr in der ARD. Unter anderem Ernie und Bert aus der „Sesamstraße“, „Bergdoktor“ Hans Sigl und der Schlagersänger Ben Zucker werden mitwirken.