Leipzig: Angeklagter droht in Prozess mit Ermordung von Richter und Staatsanwalt

Wegen versuchten Mordes verurteilt: Pornodarsteller Christian F. (rechts) im Landgericht Leipzig. André Kempner
Wegen versuchten Mordes verurteilt: Pornodarsteller Christian F. (rechts) im Landgericht Leipzig. André Kempner

Schwerer Zwischenfall im Prozess um einen Mordversuch im Leipziger Stadtteil Leutzsch: Als der Vorsitzende Richter Hans Jagenlauf am Freitag das Urteil wegen versuchten Mordes verkündet, zeigt ihm der Angeklagte Christian F. (30) den Mittelfinger. Dann wirft er eine Mikrofonanlage nach vorn, verfehlt zwei Richter nur knapp. Justizbeamte packen ihn, fixieren den tobenden Mann am Boden. „Ich mache euch platt“, schreit Christian F. Er beleidigt und bedroht die Richter. Oberstaatsanwalt Ulrich Jakob brüllt er an: „Jakob, deine Frau bringe ich um!“ Weinend bittet der Bruder des Angeklagten: „Christian, hör auf!“

Die Verhandlung wird unterbrochen. Jagenlauf spricht in der Pause im Haftraum mit dem Angeklagten. Dabei sagt Christian F. erneut, dass er einen Mordauftrag gegen den Vorsitzenden Richter erteilt habe. Nach mehr als 30 Minuten Pause setzt das Gericht die Verhandlung unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen fort. Diese waren ohnehin verschärft worden, weil die Justizvollzugsanstalt, in der Christian F. in Untersuchungshaft sitzt, das Gericht gewarnt hatte, dass der Angeklagte eine Geiselnahme planen könnte.

Pornodarsteller muss in Sicherungsverwahrung

Der zeitweise obdachlose Tätowierer und Porno-Darsteller wird unter anderem wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu 13 Jahren Haft verurteilt. Einen Teil der Zeit muss er in einer Entzugsanstalt verbringen. Die 1. Strafkammer ordnet zudem Sicherungsverwahrung an. Christian F. bleibt damit nach Verbüßen seiner Freiheitsstrafe hinter Gittern, um die Allgemeinheit vor ihm zu schützen.

Der Vorfall im Sitzungssaal habe gezeigt, „dass der Angeklagte nie die Fehler bei sich sucht, sondern immer andere verantwortlich macht“, so Jagenlauf. Auch die Erfahrungen von Christian F., der nach eigenen Angaben als Heranwachsender in einem Kinderporno-Ring landete, seien keine Entschuldigung. „Ein schlechtes Leben und erlittenes Unrecht rechtfertigen es nicht, Straftaten zu begehen und die Rechte aller anderen außer Acht zu lassen.“

Mit seinem Urteil entspricht die Kammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft, welche die Anklagevorwürfe als bestätigt angesehen hatte. Demnach brachte Christian F. am 1. September 2022 seinen Bekannten Matthias T. (64) in dessen Wohnung in der Georg-Schwarz-Straße beinahe um, weil dieser ihm keine Zigaretten gab. Das Opfer habe eine „Vielzahl von Verletzungen in äußerst sensiblen Körperregionen“ erlitten, so Jagenlauf. Nach Schlägen mit Bierflaschen soll Christian F. dem Wohnungsmieter mit einem Messer massive Stich- und Schnittverletzungen zugefügt haben. Christian F. habe den Tod seines Bekannten billigend in Kauf genommen, erklärte der Richter.

Würgeattacke und versuchte Vergewaltigung

Verurteilt wird er auch wegen versuchter schwerer Vergewaltigung. Nach der Bluttat habe Christian F. seiner damaligen Freundin Cornelia B. (32) Gewalt antun wollen, so die Anklage. Aktenkundig sind ferner eine Würgeattacke gegen die Frau, Flaschenwürfe auf sie und Passanten am Einkaufszentrum Leutzsch-Arkaden sowie Drohungen und Beleidigungen gegenüber Polizisten bei der Festnahme. Trotz einer dissozialen Persönlichkeitsstörung und Alkoholabhängigkeit gilt der Angeklagte als voll schuldfähig. Auch Verteidigerin Pamela Pabst hatte in dieser Frage keine andere Auffassung. Ihre Forderung: Fünf bis sechs Jahre Haft wegen gefährlicher Körperverletzung.

Die Juristin nimmt der Angeklagte, der den Mordversuch abgestritten hatte, am Ende des Prozesses ebenfalls ins Visier. „Sie sind gekündigt“, schreit er sie an. „Ich will eine Revision, aber mit einer neuen Anwältin.“ Unterdessen leitet die Staatsanwaltschaft wegen des Ausrasters beim Prozess ein neues Ermittlungsverfahren gegen ihn ein.

Dieser Text erschien zuerst bei der „Leipziger Volkszeitung”.

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