Staatsanwaltschaft ermittelt, ob 17-Jährige durch TiKTok-Challenge starb
Facebook kennt zwar fast jeder, dennoch ist die soziale Plattform bei Schülern längst nicht so angesagt wie das Videoportal Tiktok. Über eine Milliarde Menschen rufen weltweit monatlich die App auf – darunter viele Jugendliche. Häufig filmen sie sich selbst und hoffen darauf, möglichst viele andere Nutzer mit ihren Inhalten zu erreichen. Nicht alle der gezeigten Sequenzen sind lustig. Für Aufsehen sorgen regelmäßig sogenannte Challenges. Eine dieser Herausforderungen könnte nun in Verbindung mit dem Tod einer 17 Jahre alten Jugendlichen aus dem Landkreis Ostholstein (Bundesland Schleswig-Holstein) stehen.
Warum die Staatsanwaltschaft involviert ist
Das Mädchen war Anfang 2023 in einer Reha-Einrichtung im nordrhein-westfälischen Bad Sassendorf. Am Montag, 30. Januar, wurde das Mädchen dort in seinem Zimmer tot aufgefunden. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Arnsberg versucht seitdem herauszufinden, warum genau die junge Frau gestorben ist. Oberstaatsanwalt Thomas Poggel bestätigte den geschilderten Fall und führte aus: „Ob das mit der Tiktok-Challenge zusammenhängt oder nicht, ist aktuell nicht 100-prozentig klar. Es gibt jedoch einige Anhaltspunkte, die dafür sprechen.“ Nähere Details nannte er nicht.
Weiter verwies Poggel auf ein noch ausstehendes toxikologisches Gutachten. Dieses sei im März im Auftrag gegeben worden, ein Ergebnis liege aber noch nicht vor. „Das ist keine Sache von Wochen, sondern von Monaten. Erst danach kann man sagen, ob das entsprechende Gas festgestellt wurde“, betont der Oberstaatsanwalt.
Auf der Internetseite gofundme.de ist jetzt eine Spenden-Kampagne gelistet, die von der Mutter des verstorbenen Mädchens gestartet wurde. Ziel ist es, 5000 Euro für einen Teil der Beerdigungskosten sowie den Grabstein einzusammeln. Die Mutter schreibt: „Meine Tochter hatte eine Behinderung und war emotional von mir sehr abhängig. Wollte aber immer ihre eigenen Wege gehen.“ Weiter berichtet sie: „Ich habe mein Leben rund um meine Tochter organisiert, damit ich immer für sie da sein konnte. Auf einer Jugendrehabilitation ist meine Tochter dann tödlich verunglückt.“ Sie habe an einer TikTok-Challenge teilgenommen, in der man Deodorant einatme, bis man bewusstlos werde. „Sie ist daran erstickt.“
So gefährlich ist das Einatmen von Deo
Klar ist, dass das übermäßige Einatmen von Deos ernsthafte Folgen haben kann. Für den Inhalationsmissbrauch gibt es laut Dr. Daniel Ehmke, Ärztlicher Direktor der Ameos-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Neustadt und Eutin sowie Suchtmediziner, drei Formen: das direkte Einatmen (Schnüffeln), das Einatmen durch ein Kleidungsstück (Huffing) und die Verwendung einer Plastiktüte oder eines Ballons (Bagging). Weiter erklärt er: „Das Einatmen des Treibgases – unter anderem Butan – verursacht einen Sauerstoffmangel im Blut.“ Dieser führe zu einer berauschenden Wirkung und bringe jugendliche Nutzer so nicht selten an den Rand des Erstickens. „Setzt die Wirkung ein, dämpft sich die Wahrnehmung, die Konsumenten fühlen sich müde und entspannt“, erläutert Daniel Ehmke.
Wie gefährlich das Einatmen von Deo sein kann, wurde auch schon im März 2015 deutlich. Damals starb eine 13-jährige Schülerin aus der Gemeinde Kronshagen bei Kiel. Zuvor hatte sie Deo in eine Plastiktüte gesprayt und diese anschließend vor ihr Gesicht gehalten. Einen weiteren Fall gab es 2006 in Rostock – ein 17-Jähriger erlitt nach dem Konsum einen Kreislaufkollaps und starb.
Das soziale Netzwerk Tiktok ist bei jungen Menschen besonders im Trend: Aber keinesfalls alle Tiktok-Challenges sind gefährlich. So gab es unter anderem den Hashtag #cleansnap. Dabei ging es darum, einen bestimmte Fläche von Müll zu befreien. So wurden ganze Strände gesäubert. Bei #ThePushupChallenge machten die Teilnehmer so viele Liegestütze wie möglich. Häufig stehen auch bestimmte Tänze im Vordergrund.
Jedoch tauchen auch immer wieder gefährliche Trends auf. Eine Zeit lang filmten sich Nutzer dabei, wie sie vorm Schlafen ihren Mund zu klebten, um nachts nur durch die Nase zu atmen. Andere filmten sich, während sie sich die Luftzufuhr so lange abschnitten, bis sie ohnmächtig wurden.
Dieser Text ist zuerst bei den „Lübecker Nachrichten” erschienen.