FSME: Betroffener über Erkrankung, Symptome und wie sich sein Leben verändert hat

Klein, aber gefährlich: Eine Zecke sitzt auf einem Cent-Stück. Die Tiere können mit einem Stich Krankheitserreger auf den Menschen übertragen. Fabian Sommer
Klein, aber gefährlich: Eine Zecke sitzt auf einem Cent-Stück. Die Tiere können mit einem Stich Krankheitserreger auf den Menschen übertragen. Fabian Sommer

Volker Fromms Wohlfühlort ist die Natur. Der Anfang 60-Jährige engagiert sich in einer Rettungshundestaffel, ist mit den Tieren regelmäßig im Freien unterwegs. Und genau dort passiert es: 2017 wird er von einer Zecke gestochen. Eine Zecke, die das Virus der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) überträgt. Die Erkrankung kann Entzündungen im Gehirn, in der Gehirnhaut und im Rückenmark verursachen, und vor allem für ältere Menschen einen schweren bis tödlichen Verlauf haben. Auch für Fromm wird der Stich zu einem Überlebenskampf.

Herr Fromm, hätten Sie es für möglich gehalten, dass eine kleine Zecke einmal Ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen würde?

Nein, das habe ich komplett ausgeschlossen. Ich habe in meinem Leben vielleicht zehn Zecken gehabt, als Kind noch mehr. Aber ich dachte immer: Zu mir kommen schon keine gefährlichen Zecken. Mir kann nichts passieren. Doch die Zecke kam, stach zu und ich habe sie nicht einmal bemerkt.

Sie haben den Blutsauger gar nicht gefunden?

Nein. Aber in meinem Blut ließ sich später das FSME-Virus nachweisen, deshalb weiß ich, dass eine Zecke für meine Symptome verantwortlich gewesen ist.

Volker Fromm ist mit seinen Hunden häufig im Freien unterwegs. . Pfizer Pharma GmbH

Welche Symptome waren das?

Zu Beginn war es vor allem Müdigkeit. Ich musste mich sofort hinlegen, als ich von der Arbeit nach Hause kam, und konnte meine Augen kaum offen halten. Aber wenn man müde ist, geht man ja nicht zum Arzt, da hat man immer eine andere Ausrede. Wir waren gerade im Urlaub, als ich eines Morgens aufwachte und mein linker Arm an meinem Körper herunterhing. Ich konnte ihn nicht mehr richtig bewegen, er war gelähmt. Wir sind sofort zurück nach Deutschland gefahren und ich bin zu meinem Hausarzt gegangen. Zu diesem Zeitpunkt waren dann auch mein anderer Arm, die Schultern und der Hals-Nacken-Bereich gelähmt. Mein Arzt schickte mich direkt ins Krankenhaus, wo mir Hirnwasser aus dem Rückenmark entnommen wurde. Das ist das Letzte, woran ich mich erinnere.

Weil Sie dann ...

Weil ich dann ins Koma gefallen bin. Erst knapp drei Wochen später kam ich geistig wieder in die Welt zurück, war jedoch gefangen in meinem eigenen Körper. Anfangs konnte ich nur die Finger bewegen – mehr nicht. Auch schlucken und sprechen war kaum möglich. Ich bekam dann für acht Wochen eine Frühreha, bei der ich wieder lernte zu laufen. Danach ging es für 15 Wochen noch mal in die Reha, dann nach Hause und anschließend zur ambulanten Physio-, Ergo- und Logopädie. In logopädischer Behandlung bin ich nicht mehr, aber Ergo und Physio sind mir erhalten geblieben. Da habe ich vier Therapien in der Woche.

Wie hat sich Ihr Leben durch die FSME-Erkrankung verändert?

Es hat sich komplett verändert. Ich musste meine Arbeit aufgeben, mein Hobby, Motorrad zu fahren. Von meinen Motorrädern, die noch in der Garage stehen, muss ich mich wohl trennen. Denn ich bin noch nicht wieder bei hundert Prozent. Ich habe gedacht: In einem halben Jahr bin ich wieder fit. Aber es geht zäher voran als gedacht. Meine Oberarme sind noch immer kraftlos und ich kann sie nur eingeschränkt bewegen, aber zumindest die Unterarme, Hände und Finger funktionieren. Ich kann also nicht mehr alles machen, aber meine Frau unterstützt mich, wo sie nur kann. Als ich in der Reha gewesen bin, hat sie im Wohnwagen auf einem benachbarten Campingplatz gelebt und ist immer zwischen dem Wohnwagen und mir hin und her gependelt. Und auch jetzt ist sie rund um die Uhr bei mir und hilft mir.

Haben Sie gewusst, wie gefährlich Zecken und FSME sein können?

Ja, das wusste ich. In der Rettungshundestaffel ist das ein großes Thema. Da wurde man aufgefordert, sich impfen zu lassen, aber bei mir, muss ich sagen, ist das in ein Ohr rein und ins andere raus.

Warum?

Weil ich wie gesagt immer gedacht habe, mir kann das nicht passieren. Auch in meiner Familie hatte bis dahin niemand eine Impfung. Jetzt sind alle geimpft – sogar mein Hausarzt. Und ich kann nur jedem empfehlen, sich ebenfalls impfen zu lassen, damit ihm nicht das Gleiche zustößt wie mir.

Bereuen Sie es im Nachhinein, dass Sie nicht gegen FSME geimpft gewesen sind?

Nein, bereuen tue ich nichts. Das Ganze hat mir einen neuen Weg eröffnet. Auch die Menschen, die ich während der Zeit kennenlernen durfte, geben einem eine neue Sicht aufs Leben.

Mit welchem Gefühl blicken Sie jetzt auf die Zecken? Haben Sie nun mehr Angst vor den Tieren als vorher?

(lacht) Wenn Sie mich hier sitzen sehen würden, in kurzer Hose. So war ich eben wieder draußen unterwegs. Also ich habe absolut keine Panik vor den Zecken und werde mich auch weiterhin in der Natur bewegen. Die Zecke hat sich ja damals nicht mich bewusst ausgesucht, um mich zu infizieren. Das nehme ich ihr nicht übel.





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